Rundfunkgebühren für NS-Propaganda Filme?
Wer am Tag nach der Festnahme Saddam Husseins die Breaking-News von CNN, Fox, BBC und CBS durchzappte und in der falschen Weltgegend lebte, kam vielleicht irrtümlich im Deutschen Fernsehen in den "Genuß" eines Nazi-Durchhalte-Schinkens von 1945 (!) mit Johannes Heesters - anlässig dessen "100sten Geburtstages". Ein Einzelfall? Ein letzter Streich, den die Götter der Deutschen Fernsehprogrammgestaltung vom bärtigen Bagdad-Tyrannen gespielt bekamen? Nein. Nazi-"Unterhaltung" ist im Deutschen Fernsehen - auch noch im 21 Jahrhundert - der Normalfall.
Zum Beispiel Weihnachten 2003, Hessischer Rundfunk: "Eine Biedermeier-Kleinstadt und Residenz 1848. Das Spielcasino soll auf höhere Weisung hin geschlossen werden. Um dies zu verhindern, setzt der Direktor seine Nichte, eine attraktive Tänzerin, zu einer diplomatischen Mission ein. Dünnes Kostümspielchen um Eifersüchteleien, Tanz und Musik; erster langer Farbfilm der UFA nach dem 40minütigen "Das Schönheitsfleckchen" von 1936. Die Premiere des bereits 1939 gedrehten Films verzögerte sich um zwei Jahre, weil bei der Herstellung der Agfacolor-Kopien technische Komplikationen auftraten." (KIM Filmdienst)
"1941: In den Kinos läuft der Agfacolor-Film 'Frauen sind doch bessere Diplomaten' - der erste Spielfilm der Welt nach dem Farb-Negativ-Positiv-Verfahren." (aus der Firmengeschichte der Agfa-Gevaert AG, Leverkusen)
"Anm.: Dies war der erste deutsche Farbfilm !!!" (Marika Rökk Club)
"Auf den Biennalen in Venedig 1941 und 1942 ausgezeichnet, konnte der AGFA-COLOR-Film die Tatsache, daß er Kriegszwecken diente, übertönen. Äußerst makaber ist die Tatsache, daß auch die Stätte des Verbrechens, Auschwitz, in AGFA-COLOR festgehalten wurde. Der für den Massenmord in Auschwitz verantwortliche Direktor der IG-FARBEN, Ambros, bemerkte in seinem Brief vom 14. November 1942, als die Vergasungen bereits auf Hochtouren liefen, daß sich die AGFA 'liebenswürdigerweise bereit erklärt hat, Aufnahmen von der Baustelle Auschwitz auf AGFA-COLOR-Negativfilmen zu entwickeln ...'" (Janis Schmelzer über die IG-FARBEN-Industrie Aktiengesellschaft)
Übrigens: Der IG-Farben Zweigbetrieb AGFA beschäftigte tausende Sklavenarbeiter, vor allem in seinem Werk in Wolfen. Der AGFA-Mann Fritz Gajewski wurde im Nürnberger Prozeß für "not guilty" befunden.
(Foto Filmplakat 1941: DHM)
Veröffentlicht am Samstag den 27. Dezember 2003 um 08:11 Uhr - nach oben | check xhtml